Erste Verleihung des hpd-Journalistenpreises an zwei SZ-Redakteure und einen freien Autor [1]
Auszeichnung für Alexander Wolber, gbs Bodensee
Am Samstagabend hat der Humanistische Pressedienst (hpd) erstmals den Helmut-M.-Selzer-Preis in drei Kategorien vergeben. Die Preisverleihung fand im Rahmen des Kortizes-Symposiums statt.
Im Juli hatte der hpd den von Helmut M. Selzer postum gestifteten Journalistenpreis ausgeschrieben [2], der nun in feierlichem Rahmen im Germanischen Nationalmuseum in Nürnberg vergeben wurde. Eingereicht werden konnten Texte, die seit 1. Juli 2024 in anerkannten Medien veröffentlicht wurden oder die unter Einhaltung journalistischer Standards für den Preis neu geschrieben wurden. Das Schwerpunktthema in diesem Jahr waren die Werte der Offenen Gesellschaft, die mehr denn je unter Druck zu stehen scheint. Die Jury hatten die Vertreterin der Erbengemeinschaft, Ingrid Selzer, hpd-Redakteur Frank Nicolai, SZ-Redakteur Markus Schulte von Drach und die Chefredakteurin des Humanistischen Pressedienstes Gisa Bodenstein gebildet. Letztere führte auch durch die Preisverleihung.
Der hpd könne Dank der Spende Texte auszeichnen, "die sich sowohl durch journalistische Brillanz auszeichnen, als auch Themen behandeln, die wir für entscheidend in der heutigen Zeit halten", sagte sie zu Beginn und wies darauf hin, dass sehr viele Bewerbungen der Süddeutschen Zeitung eingegangen waren, obwohl die Ausschreibung weit gestreut worden sei. "Daher finden sich nun auch gleich zwei SZ-Autoren unter den Preisträgern. Das hat aber nichts damit zu tun, dass auch ein SZ-Autor in der Jury sitzt, das nur, um einem falschen Eindruck vorzubeugen", fügte sie augenzwinkernd hinzu. Eine der Selzer-Erbinnen, Kathrin Gschwendtner, sprach zum Hintergrund ihres Vaters und seinen Beweggründen, den Preis zu stiften.

Der Gewinner des ersten Selzer-Preises, dotiert mit 3.000 Euro, ist Bernd Kastner von der Süddeutschen Zeitung mit seinem Text "Krieg in Nahost: Der Israel-Palästina-Konflikt wird in München nicht gelöst werden – trotzdem muss die Stadt mehr tun". "Herr Kastner spricht ein Thema an, das derzeit wieder einmal die weltpolitische Bühne einnimmt – heute wie zum Zeitpunkt des Erscheinens des Artikels vor bald einem Jahr. Dabei bleibt er objektiv, abwägend und wirbt dafür, ins Gespräch zu kommen, eine konstruktive Streitkultur zu leben, sich also Werkzeugen der Offenen Gesellschaft zu bedienen. Es gibt in unserer Gegenwart wohl keinen anderen Themenkomplex, der so kompliziert ist wie der Nahostkonflikt – man kann ihm nur mit Differenziertheit begegnen. Mit Schubladen- und Lagerdenken wird er nicht zu lösen sein, und es gibt einen Unterschied zwischen Kritik an der Politik Israels und Antisemitismus. Einen vorbildlichen Ansatz, wie man das journalistisch angehen kann, liefert unser diesjähriger Hauptpreisträger", erläuterte die Chefredakteurin die Beweggründe des Preisgerichts. Da Bernd Kastner nicht persönlich anwesend sein konnte, verlas Jury-Mitglied Markus Schulte von Drach einen Dankesgruß, den ersterer vorab übermittelt hatte, und der in ein Plädoyer für das Zuhören mündete.
Der zweite Preisträger (1.500 Euro) dürfte hpd-Lesern bereits bekannt sein: Alexander Wolber. Er hatte sich mit einem Text beworben, der vorab noch nicht veröffentlicht wurde. Sein Titel: "Warum die offene Gesellschaft keine Spartiaten braucht". "Anhand einer Analogie zum antiken Griechenland, einer Gegenüberstellung von Sparta und Athen, und unserem heutigen Blick auf die beiden Kulturen, führt er uns anschaulich eine Denkweise vor Augen, die sich aktuell beobachten lässt: Die Verherrlichung einfacher Antworten, die romantische Überhöhung stammesgesellschaftlicher Vorstellungen bei gleichzeitiger Verkennung der Bedeutung von Demokratie und Individualismus", führte die Laudatorin dazu aus. Er fühle sich sehr geehrt, sagte der Preisträger in seiner Dankesrede, und gab einen Einblick in seine Gedanken, die zu diesem Gewinnertext geführt hatten.
Anstelle des ursprünglichen dritten Preises hatte sich die Selzer-Jury entschieden, einen Sonderpreis in Höhe von 1.000 Euro zu vergeben, denn der Artikel, den man damit auszeichne, habe leider die Vorgaben zur Textlänge massiv gesprengt. Das vierköpfige Preisgericht hielt ihn aber für so wichtig, dass es ihn dennoch honorieren wollte. Es handelt sich um einen weiteren Artikel aus der Süddeutschen Zeitung, verfasst von Thorsten Schmitz mit dem Titel "Wo leben wir denn?". Er dreht sich "um einen schwulen Lehrer an einer Berliner Grundschule, der von Kindern muslimischer Eltern in eine posttraumatische Belastungsstörung gemobbt wurde. Um Eltern, die sich über Lehrerinnen mit kurzen Röcken beschweren. Doch statt Rückendeckung für den Angegriffenen eröffnet sich nur eine weitere Front, an der er sich verteidigen muss. Hier läuft etwas gewaltig schief im Namen der Toleranz, und es steht etwas auf dem Spiel: Die Offene Gesellschaft. Liberale Werte. Thorsten Schmitz hatte den Mut, das anzusprechen – und es erfordert Mut, in diesem Minenfeld des öffentlichen Diskurses der Bote zu sein", so die Begründung der Jury. Auch Thorsten Schmitz konnte unglücklicherweise nicht bei der Preisverleihung dabei sein, wurde aber telefonisch dazugeschaltet und drückte seine Freude aus – auch im Namen des Protagonisten seines Artikels, dem es sehr wichtig gewesen sei, seine Geschichte zu erzählen.
Der hpd [3] wird die Gewinnertexte in den kommenden Tagen nachveröffentlichen.